Die etwas andere Laufstrecke (19) Hausrunde mit Wurmberg-Blick

Die Länge stimmt schon mal. Eine Distanz von 6,1 Kilometern zeigt die Laufuhr am linken Handgelenk an. Als habe man soeben den Maschsee umrundet – eine Punktlandung für Hannoveraner. Der Rest macht schnell deutlich, dass es doch einige Unterschiede zum beliebtesten Laufrevier in der Landeshauptstadt gibt. Obwohl es hier in Königshütte, einem kleinen, auf 423 Meter Höhe gelegenen Ort im Ostharz unweit von Elbingerode, auch um einen künstlich angelegten See geht. Dies hier ist jedoch eine Talsperre mit einer mehr als 100 Meter langen Staumauer im Osten. Für eine Woche wird sie zu unserer Hausrunde. Mal im, mal gegen den Uhrzeigersinn.

 

Als wir an dem warmen Vormittag diesen Sperrriegel aus Beton erreichen, haben wir bereits mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Sie hat uns von unserem Ferienhäuschen am östlichen Ortsausgang zunächst durch das 600-Seelen-Dorf geführt, das einen Dornröschenschlaf führt. Viel los ist hier nicht, es gibt nicht mal einen Bäcker oder eine andere Einkaufsmöglichkeit. Der Bahnhof ist seit Jahrzehnten nur noch Erinnerungsort an die einst hier verkehrende Rübelandbahn. Gut für jene, die Ruhe suchen. Gerade in Corona-Zeiten. Einzige nennenswerte Geräuschkulisse – mal abgesehen vom freundlichen Signalton der Brockenbahn, den der Wind herüberweht – ist die Hauptstraße, die nach Tanne führt. Gut 100 Meter folgen wir ihr parallel auf einem Fußweg, dann biegen wir links ab auf einen Wanderweg. Schlagartig tut sich eine andere Welt auf.

 

Eine hölzerne Brücke führt uns zunächst über die Bode, die hier noch zweigeteilt ist. Eines der beiden Flüsschen ist die Kalte Bode, das andere die Warme Bode – und es dauert nur rund zwei Minuten auf dem mit Fichtennadeln gepolsterten Weg, dann sind wir an dem Punkt, wo sich beide zur Bode vereinigen. Ein Schild an einem Holzstamm weist darauf hin. Gut für den Ortsunkundigen, denn der Zusammenfluss versteckt sich hinter Bäumen in einer tiefen Senke. Das Bild ändert sich schon wenig später, als linkerhand der künstlich angelegte See in den Blickpunkt rückt. 32 Hektar groß, mit rund 1,2 Millionen Kubikmetern Wasser gefüllt und Teil des Rappbode-Talsperrensystems.

 

Weiter geht es auf dem unbefestigten Untergrund aus Kies und Steinen mit so manchem Schlagloch. Hier, wo in 420 Metern Höhe auch der bei Wanderern beliebte „Harzer Hexenstieg“ entlangführt, bräuchte man eigentlich ein Buch, um die farbenfroh blühenden Pflanzen am Wegesrand namentlich ausmachen zu können. So aber können wie sie nicht bestimmen. Eine Bildungslücke, das sei zugegeben. Aber schöne Anblicke sind das allemal. Anders als die vielen abgestorbenen Bäume; hier hat der Borkenkäfer, wie im Rest des Harzes, ganze Arbeit geleistet. Dann machen wir in einiger Entfernung auch schon die Staumauer aus. Ehe wir sie erreichen, quert ein Angler unseren Weg: Auch dieser Freizeitsport ist an der Talsperre beliebt und erlaubt, anders als das Schwimmen im See.

 

Am Staudamm, von wo am Horizont der Wurmberg auszumachen ist, wechselt der Untergrund. Zunächst geht es über Beton, dann laufen wir weiter parallel zum See auf einer schmalen, asphaltierten Straße, die für Autos normalerweise gesperrt ist. Daran scheint sich nicht jeder zu halten, der auf vier Rädern unterwegs ist. Egal: Nur noch 2,5 Kilometer liegen noch vor uns. Anders als am Maschsee gibt es hier diese fiesen kleinen An- und Abstiege, die einen zusätzlich ins Schwitzen bringen. Macht nichts: Wir haben es ja gleich geschafft – und freuen uns auf den Frühstückskaffee. Und die Begrüßung im Garten durch das Rotkehlchen, das wir „Hansi“ getauft haben und das am Futterhäuschen schon auf uns wartet.

 

Text: Norbert Fettback, Fotos: Monika Merz und Norbert Fettback

Die etwas andere Laufstrecke (18) Eine Adria-Schwitzkur auf Kroatisch

Es gilt, sich auf besondere Umstände einzustellen. Das Thermometer zeigt gegen 8 Uhr schon 24 Grad Celsius an, die Luftfeuchtigkeit ist vergleichsweise ähnlich hoch. Da hilt nichts: Anders als zu Hause müssen wir vor dem Frühstücken laufen gehen. Ansonsten wird gar nichts draus hier auf der Insel Brac. Für zwei Wochen sind wir in Kroatien und erleben ein 1A-Spätsommerwetter. Und das im September. Sich nachmittags oder abends die Laufschuhe zu schnappen wäre wie ein Gang in die Sauna.

Wir sind in Bol, einem kleinen Städtchen, das vom Tourismus geprägt ist und viel Historisches zu bieten hat. Etwa das Dominikanerkloster aus dem 15. Jahrhundert, gelegen am östlichen Ende des Ortes. Das hat für uns praktische Folgen: Punkt 7 Uhr signalisiert die Glocke des Kirchturmes, dass wir in die Strümpfe kommen müssen. Denn unser Quartier haben wir gleich nebenan, das laute Gebimmel ist der beste Wecker. Also den Schlaf aus den Augen reiben, Laufklamotten an, auf die Schnelle noch einen Kaffee im Frühstücksraum schlürfen – und los geht's.

Doch wo entlang? Eine Auswahl haben wir nicht wirklich. Hier die Adria, dahinter die Berge mit dem Vidova Gora, mit 778 Metern die höchste Erhebung der Insel. Wer nicht über Wasser laufen kann oder Trailrunning liebt, dem bleibt in Bol nur der Weg hin zum Goldenen Horn (Zlatni Rat), Kroatiens wohl berühmtestem Strandabschnitt. Der ist rund drei Kilometer entfernt und ragt als überwiegend sandige Halbinsel wie ein langer Stiftzahn hinein ins Meer. Doch mit Schwimmen gehen haben wir zu dieser Zeit nichts im Sinn. Wir laufen am Kloster los, passieren die Badebucht auf der linken Seite und riskieren gleich darauf einen Blick auf die bekannteste Ruine von Bol - ein ehemaliges, jetzt mit Graffitti übersätes Hotel, das im jugoslawischen Bürgerkrieg als Flüchtlingsunterkunft diente. Doch schon nach der nächsten Linkskurve tauchen wir ein in die schönen Seiten der dalmatinischen Kleinstadt.

Zunächst der Hafen, wo tagsüber Hunderte Touristen mit Fähren landen. In den Lokalen in Meeresnähe sitzen zu dieser Zeit viele Urlauber, die sich das Frühstück schmecken lassen. Ihren Blicken können wir unschwer entnehmen, was sie denken, als sie uns sehen: Es gibt doch garantiert Schöneres, als jetzt an der Promenade beim Laufen ins Schwitzen zu kommen! Doch das stört uns nicht, wir sind ja nicht nur zum Spaß und zum Faulenzen in Bol. Nach eineinhalb Kilometern verlassen wir das eigentliche Stadtgebiet. Über eine kleine Treppe mit einer dieser markanten steinernen Skulpturen, die man im Uferbereich auf Schritt und Tritt sehen kann, biegen wir ein in ein lang gezogenes Wäldchen. Endlich Schatten!

Links und rechts steht eine Verkaufsbude neben der anderen, wie aus dem Boden gewachsen und permanent auf Kundenfang. Eine Monokultur des zumeist Überflüssigen. Da schauen wir doch lieber in Richtung Adria, die sich im schönsten Postkarten-Blau präsentiert. Und siehe: Das Goldene Horn ist nicht mehr fern. Wir haben dafür jetzt keine Muße, lassen es links liegen und machen 400 Meter weiter an einer Schranke, die Autos den Weg versperrt, kehrt. Rasch den Schweiß von der Stirn wischen, und schon geht es zurück Richtung Hotel.

Nach dem Wäldchen biegen wir auf die Straße oberhalb des Hafens ein, hier hat sich Bol viel von seiner Ursprünglichkeit bewahrt. Der Markt hat auch schon geöffnet und präsentiert Landestypisches. Weintrauben etwa, Melonen oder Honig. Doch das alles bekommen wir auch gleich zum Frühstück im Hotel. Noch ein paar Anstiege, dieser und jener Blick runter zum Hafen, dann ist die Runde geschafft. Knapp sieben Kilometer, 50 Höhenmeter und total durchgeschwitzt (Norbert jedenfalls): Jetzt können wir uns es schmecken lassen!

Text: Norbert Fettback / Fotos: Norbert Fettback und Monika Merz

Die etwas andere Laufstrecke (17): Wo der Spioenkop grüßt

Diese beiden Fragen stellen sich uns in schöner Regelmäßigkeit: Wie halten wir es im Urlaub mit dem Laufen nach einem Trainingsplan? Und findet sich dafür überhaupt eine geeignete Strecke? Das alles in einer fremden Gegend, nicht immer passt es mit dem Gelände, und eigentlich möchte man doch viel lieber die Beine hochlegen. Es lebe in der schönsten Jahreszeit der innere Schweinehund!

Wir geben es zu: Wir sind in Belgien lieber Rennrad gefahren, doch in den zehn Tagen durften die Laufschuhe und das Pingpank-Shirt auch mal an die frische Luft. Die gibt es in Wenduine zur Genüge. Den kleinen Ort an der Nordseeküste werden nicht viele kennen. Er liegt auf halbem Weg zwischen Oostende und Zeebrugge, hat einen der schönsten Sandstrände in Flandern zu bieten – und, wie wir herausfinden konnten, auch eine sehr abwechslungsreiche Laufstrecke. Mit viel Grün, viel Sand und sogar ein paar Höhenmetern.

Wir starten zu unserer eher gemütlichen Runde an unserem Feriendomizil „PS Orion“, etwas abseits gelegen in einem Naturschutzgebiet. Bis in Zentrum von Wenduine sind es knapp zwei Kilometer. Bis dahin geht es anfangs auf Asphalt vorbei an Wiesen, wo Pferde grasen und Schafe ihr Futter finden. Nach ein paar Hundert Metern verlassen wir die Polderlandschaft und müssen für kurze Zeit in den sauren Apfel beißen: Auf dem Radweg parallel zur viel befahrenen Landstraße nähern wir uns Schritt für Schritt dem Ortszentrum mit der beschaulichen Kirche, aber auch diesem und jenem unansehnlichen Betonklotz für Feriengäste. Da müssen Moni und ich durch, und bald zeigt die „gemütliche Prinzessin“, wie Wenduine für sich wirbt, ihre Sonnenseite. Der Blick aufs weite Meer macht Lust auf das, was uns westwärts auf den folgenden rund fünf Kilometern erwartet.

Da bleiben wir zunächst in Strandnähe. Rechts die Nordsee, links die Dünen, eine davon mehr als 30 Meter hoch mit dem Spioenkop oben drauf, einem weißen Pavillon mit rotem Dach. Ein Wahrzeichen dieses kleinen Badeorts. Doch wir wollen ja laufen und folgen deshalb dem sandigen Pfad quer durch die Dünen. Ist ja nicht verboten! Danach noch einmal rüber über die Straße, dann wartet auf uns Natur pur. Wir haben den Duinbossen-Wanderweg erreicht, der später auch eine separate Spur für Läufer bekommt. Es geht die ganze Zeit meist ziemlich schnurstracks geradeaus durch Dünenwald mit nicht alltäglicher Vegetation. Ganz was anderes als die von Wiesen geprägte Landschaft zu Beginn unseres Laufs.

Den Schatten, den die Bäume spenden, gibt es gratis bis nach De Haan, unserem Zielort. Nomen est omen: Im Ort finden sich zahlreiche Nachbildungen des Tieres, das der Gemeinde seinen Namen lieh. Wir brauchen keinen Weckruf vom Hahn, unser Lauf ist ja vorbei. Wie gut, dass De Haan auch einen Straßenbahnanschluss hat – und Wenduine der nächste Haltepunkt ist. Wir hätten auch zurücklaufen können … Doch wir machen ja Urlaub und sind nicht im Trainingslager!

(Text und Fotos: Norbert Fettback und Monika Merz)

Die etwas andere Laufstrecke (16): Trailrunning im Harz

Karge Felslandschaften, Klippen, bunt gefärbte Laubwälder, Wasserfälle- all das gibt es 1,5 Autostunden von Hannover entfernt. Laut Trainingsplan stand ein bergiger Dauerlauf an. Perfekt. Mein erster Harztrail war lange geplant.

Auf dem Weg in das Herz des Gebirges schnaufte mein Auto schon ordentlich die Berge hoch. Nicht das einzige Mal, an dem ich mich fragte, worauf ich mich da eingelassen hatte. Beim abendlichen Come together kroch langsam Panik in mir hoch. Da saßen die erfahrenen Trailrunner, Challenge-Roth-Finisher und Transalpin-Bezwinger. Mit meinen Straßenmarathons kam ich mir schon ein bisschen unzulänglich vor.

Am ersten Tag zeigte sich der Harz von seiner schönsten Seite. Klarer blauer Himmel, Sonnenschein und weite Sicht. Im Trailrunning gelten andere Regeln als im Straßenlauf. Abgesehen davon, dass es schlicht nicht möglich ist schnell zu laufen, weder bergauf noch bergab, muss man sich kontinuierlich konzentrieren.

Die erste Etappe des Tages führte uns von Drei-Annen-Hohne zur Steinernen Renne. Etwas wehmütig habe ich die breiten Wanderwege vorbeiziehen lassen. Denn die haben wir ignoriert. Es ging querfeldein durch die Berge. 12km mit 400 Höhenmetern. Nach meiner ersten Bruchlandung habe ich schnell gelernt, dass ich beim downhillen nicht quatschen darf und wenn ich etwas bewundern will, stehenbleiben muss. Nach dem Erreichen des Etappenziels sind wir in eine kleine Wirtschaft eingekehrt und haben uns mit heißem Kakao und Käsekuchen gestärkt. Noch etwas ganz Neues für mich. Es käme mir nie in den Sinn, während des Trainings etwas zu essen. Wasser reicht im Normalfall aus. Etwas unmotivierter machten wir uns auf die zweite Etappe. Den Einstieg in den Trail zu finden erwies sich als kleine Geduldsprobe. Ich wünschte, wir hätten ihn nicht gefunden. Auf einem Kilometer Strecke waren knapp 350 Höhenmeter zu überwinden. Der Ausblick entschädigte dann für alles. Insgesamt waren wir noch 18km und 600 Höhenmeter unterwegs, bis wir uns in der Sauna aufwärmen und die Restaurantküche leer essen konnten.

Den Sonntag, den zweiten und letzten Tag der Tour, verbrachten wir mit 17km und 400 Höhenmetern auf eher moderaten Strecken. Moos, Wiesen, ab und zu Schotterwege. Bis der Einstieg in den letzten Trail gefunden war. Die Damenfraktion streikte angesichts des Gefälles und der unten lauernden Dornenbüsche und suchte einen anderen Weg. Ein bisschen Abenteuer wollten wir aber doch und mussten einen wirklich sehr steilen Hang hinunter, bis wir wieder auf den Rest der Gruppe stießen. Für uns alle ein überraschtes Wiedersehen. Danach war uns Damen alles egal und es ging weiter durch die Prärie zum Hotel zurück. Nachdem wir alle wieder tageslichttauglich waren, überfielen wir ein italienisches Restaurant und ließen das Wochenende nochmal Revue passieren.

Trailrunning ist anders. Ganz klar. Es gibt keinen Zeitdruck, es gibt keine Wege. Du bist hochkonzentriert und hast ständig Hunger. Ein angenehm entschleunigtes Wochenende, das ich sicher wiederholen werde.

Vielen Dank nochmal an Jan fürs Organisieren und Planen, an Matze als Kontrollinstanz, an Sabine, Katrin, Andre, Daniel, Astrid, Astrid und Jörg und Niclas für eine tolle Zeit und fürs Kennenlernen. Laufen verbindet. (Bericht und Bilder von Anja Sentler Guse)

Die etwas andere Laufstrecke (15): Immer auf der Mauer entlang

Der Reiseführer wirbt mit dem Slogan „Verträumtes Kleinod hinter schier unüberwindlichen Stadtmauern“. Das ist nicht zu hoch gegriffen. Lucca in der Toskana ist ein mittelalterlich geprägter Ort zum Hingucken. Und ein heißer Tipp für Läufer, was nicht nur mit dem Marathon zu tun hat, der dieses Jahr am 21. Oktober gestartet wird.

Denn Lucca hat eine ganz spezielle Runde zu bieten: einmal um die Altstadt herum auf dem gigantisch anmutenden Wall – 4,2 Kilometer lang. Wer es also drauf anlegt: Das Ganze zehnmal, und schon wäre ein Marathon komplett. In der Tat geht es Ende Oktober zum Auftakt des Rennens, dem Vernehmen nach eine kleine, aber feine Veranstaltung, eine Runde auf der Stadtmauer entlang. Andere reisen bis nach China, um mal auf einer alten Mauer unterwegs zu sein. Es geht auch kürzer. In Lucca ist die Strecke so breit, dass sie Hunderten von Läufern Platz bietet, sie ist durchgängig betoniert und wird von Schotterabschnitten gesäumt. Platanen und Kastanienbäume spenden Schatten. Hier und da laden Lokale zur Einkehr ein. Man fühlt sich wie auf einer Promenade. Theoretisch könnten hier Autos auch fahren, das aber bleibt Fahrzeugen der Stadtverwaltung vorbehalten. Gut so.

Die Stadtmauer von Lucca ist somit Tummelplatz für Jogger und Radfahrer auf zwei oder vier Rädern. Und sie bietet einmalige Perspektiven. Gut beraten ist der, der sich vor dem Lauf ein wenig mit der Stadtgeschichte und den Sehenswürdigkeiten vertraut gemacht hat, des Wiedererkennungseffekts wegen. Guck an: Das ist also der Dom San Martino, dessen ältester Teil aus dem Jahr 1204 stammt. Doch mit Details können wir uns nicht lange aufhalten, Monika (Sternbild Löwe) lässt sich anscheinend von den vielen steinernen Löwen an der Strecke beflügeln und zieht das Tempo an. Da muss ich mit.

Zwei Runden haben wir uns vorgenommen, einmal im Uhrzeigersinn, dann kehrt gemacht und anders herum. Das verschafft uns noch mehr Blicke auf eine kleinstädtische Welt, die man als vielseitiges Kunstwerk wahrnimmt. Jetzt etwa nähern wir uns dem Botanischen Garten. Den gab es noch nicht, als die schon von den Römern angelegte Stadtmauer im 16. Jahrhundert zum Schutz vor Feinden verstärkt wurde und ihr heutiges Gesicht erhielt. Heute müssen keine Eindringlinge mehr abgewehrt werden, Lucca empfängt Touristen mit offenen Armen. Sie kommen, um etwa die Kirche San Michele in Foro oder die Piazza dell'Anfiteatro in Augenschein zu nehmen, wo sich – der Name lässt es erahnen – in römischer Zeit ein Amphitheater befand. Oder um auf den Guinigi-Turm zu steigen, der seit Hunderten von Jahren von Steineichen gekrönt wird.

Auch das muss warten. Wir begnügen uns erst einmal mit den alten Steinen der Stadtmauer. Läuferfreundlich ist auch die Versorgung mit Wasser. Es gibt hier und da metallene Trinkbrunnen. Noch so eine gute Idee, die sie in Lucca hatten, wenn auch nicht schon vor 400 Jahren. Text und Fotos: Norbert Fettback

Die etwas andere Laufstrecke (14): Wo der Oleander blüht

Eine Laufrunde hat es normalerweise an sich, dass man sich irgendwie im Kreis bewegt, bis man wieder an den Ausgangspunkt gelangt. Links herum oder rechts herum, ob nun auf der Bahn oder im freien Gelände. Auf Sardinien, in der Nähe von Orosei, gilt es, andere Maßstäbe anzulegen. An der Ostküste der zweitgrößten italienischen Insel sucht man in der Regel vergeblich nach einem Rundkurs - wenn es einen nicht gerade in die Berge oder ins Hinterland verschlägt. Im unbekannten Terrain weiß aber nur der Ortskundige, wohin der Weg führt. Andere bekommen irgendwann ein Problem.

Der an Asphalt und Waldwege gewohnte zielbewusste Läufer aus Deutschland muss auf Sardinien folglich improvisieren. So wird aus der Runde schnell eine Gerade mit diesem und jenem Knick – in dem Fall vom Hotel „Le Quattro Lune“ in Sas Linnas Siccas aus immer der Straße entlang und irgendwann Richtung Süden, je nach Lust und Kondition, wieder zurück auf derselben Strecke. Mit passender Randnotiz, denn ein in die Jahre gekommenes Verkehrsschild drosselt das Tempo: Nicht schneller als 10 km/h! Keine Frage, dass es Aufregenderes gibt. Da hilft nur eins: das Beste draus machen und den Blick dahin schweifen lassen, wonach man zu Hause vergebens Ausschau halten würde. Sardisches Sightseeing in Laufschuhen eben.

An reizvollen Hinguckern und interessanten Kontrasten fehlt es nicht. Dafür sorgt auf Sardinien schon Mutter Natur. Ende Juni etwa steht der Oleander in voller Blüte. Ob in Rosa, Weiß oder Rot: Die mehr als mannshohen Sträucher, die Straßen und Häuser zieren, liefern einen prächtigen Anblick. Zwischendurch sorgt das Mittelmeer, das sich in einladendem Blau entlang der Cala Liberotto erstreckt, immer wieder für optische Abwechslung. Und bringt einen auf andere Gedanken: Vielleicht hätte man statt der Laufklamotten doch besser die Badehose anziehen sollen? Zumal sich die 24 Grad Celsius im Schatten anfühlen wie 34 Grad. Nicht gerade ideal, um laufen zu gehen. Da ist ein Sprung ins Wasser doch viel verlockender. Aber wir schaffen das schon, gewissen Pflichten gilt es auch im Urlaub nachzukommen, egal wie heiß es ist. Es sind am Ende ja auch nur rund sieben Kilometer, geschätzt (die Polar-Uhr hat – wieder mal rechtzeitig vor dem Antritt der Reise – ihren Dienst quittiert!). Es wartet ja auch noch eine Belohnung. Ehe es wieder den 300 Meter langen Anstieg zum Hotel hinauf geht, sind es nur fünf Stufen bis zur Snack Bar „Da Boe“. Da wird ein besonders leckerer Aperol Spritz serviert. Den haben wir uns jetzt verdient. Und schließlich sind wir ja in Italien. Endspurt!

Text: Norbert Fettback, Fotos: Monika Merz, Norbert Fettback

Die etwas andere Laufstrecke (13): Einen Halben in der Sächsischen Schweiz

 

Nach drei Tagen Regen endlich Sonne. Rein in die Laufschuhe. Start: Bahnhof Bad Schandau im tiefen Sachsen. Ziel soll Pirna sein. Oder wie der Sachse sagt: Bürnoa. 23 Kilometer liegen vor uns, immer in Elbnähe und entlang der malerischen Kulisse, die das Elbsandsteingebirge bietet. So heißt das Gebiet nämlich eigentlich. Ein Schweizer soll mit seinen Schülern zum Malen in die Gegend gekommen sein und er erzählte daheim, dass es in Sachsen fast so schön ist wie in der Schweiz. So entstand der Name der Sächsischen Schweiz. 

Nach 500 m eine Ernüchterung: Weg gesperrt wegen Bauarbeiten. Fragt man die Herren mit den Helmen freundlich, ob man kurz vorbei könne, ist das aber kein Problem. Prima. Dann kann es ja noch einmal los gehen. Wir nutzen den top ausgebauten Radweg an der Elbe. Nach der ersten Elbkurve sehen wir die Festung Königstein 240 m über uns. Ein massives Felsplateau mit bis zu 42 m hohen Mauern. Der Ort Königstein erschließt sich uns nicht, weil ebenfalls mit einer Mauer gut gegen die Elbe gewappnet. Zuletzt hat die Stadt 2004 unter dem Hochwasser gelitten. Weiter geht es an einem Ackerrand, der das Laufen teilweise unmöglich macht, aber dafür gutes Trainingsgelände für die Fußgelenke bietet. Drei Kilometer weiter kann es im Trab weiter gehen. In der Ferne bietet sich ein fantastischer Blick über eine Felsformation: die Bastei. Sie ist in der Gegend das touristische Ziel schlechthin, auch wir waren vor zwei Tagen dort. Es ist ein schmales Felsriff, das über 190 m steil zur Elbe abfällt. Wer hier Höhenangst hat, hat keine Chance. Ich spreche aus Erfahrung. Von hier unten aus sieht es aber toll aus. Gleichzeitig ist Halbzeit unserer Tour.

 

Die Sonne wärmt uns fast zu gut. Von Rathen geht es nach Pötzscha. Immer wieder überholen uns Raddampferschiffe Richtung Dresden. In Pötzscha gönnen wir uns in einem der zahlreichen Biergärten an der Elbe ein alkoholfreies Kaltgetränk und beobachten den regen Verkehr auf dem Fluss. Unsere Beine wollen nach der Pause eigentlich gar nicht mehr laufen. Aber Pirna ist nicht mehr weit und der übernächste Ort. Also los. Wir durchqueren Obervogelgesang fast ohne es zu merken (weil das Dorf so klein ist). Als Pirna endlich angezeigt wird, gehen wir in den Spazierschritt über und genießen die Aussicht. Herrlich. Ok, ein Beweisfoto muss auch noch sein. Pirna ist ein lohnendes Ziel, hat eine schöne Altstadt mit einem tollen Marktplatz. Dort lassen wir uns auch gern nieder und gönnen uns neben einem Erdinger auch gleich noch einen frisch zubereiteten und echt leckeren Burger (Restaurant Platzhirsch - sehr zu empfehlen!). Nach einem Spaziergang durch die Stadt bringt uns die S-Bahn wieder zurück nach Bad Schandau. In genau 20 Minuten.

 

Text und Fotos: Katrin Wollmann

Die etwas andere Laufstrecke (12): Der Pokal von Machico

 

Es hat keine drei Tage gedauert, dann wussten wir es: Auf Madeira laufen zu wollen, das ist keine allzu gute Idee. Vor allem, wenn man längere Strecken unter die Füße nehmen möchte. Es sei denn, man mag es bergig mit viel Gefälle (und umgekehrt), oder man ist Trailrunner. Andererseits sind auf der grünen Insel im Atlantik auch noch Ende September tagsüber bis zu 25 Grad garantiert. Anderswo holt man schon die Handschuhe raus. Machen wir also das Beste draus beim Laufen in unserem Urlaubsort an der Ostküste von Madeira.

 

Er heißt Machico, liegt direkt am Atlantik und in Hörweite des Flughafens, was nicht unbedingt von Vorteil ist, wenn man seine Ruhe haben möchte. Geschenkt: Wir haben ja das Wasser vor der Tür, Wanderschuhe im Gepäck und Mountainbikes im Hotelkeller – und eine Runde durch den 12 000-Seelen-Ort gefunden, die der am Maschsee in Hannover in etwa gleichkommt. Jedenfalls von der Streckenlänge. An Sehenswürdigkeiten hat Machico, 1419 gegründet und danach einige Jahrzehnte Hauptstadt von Madeira, auf dieser Distanz einiges mehr zu bieten. Und ganz flach ist es hier ja auch nicht.

 

Wir starten unsere Laufrunde am Hotel White Waters. Sieben Kilometer liegen vor uns, und von dem, was die Kleinstadt zu bieten hat, lassen wir in den folgenden knapp 40 Minuten kaum etwas links liegen. Erst einmal passieren wir aber wenig attraktive Nebenstraßen, doch nach gut 500 Metern wird es merklich interessanter. Wir laufen parallel zum Ribera de Machico leicht bergauf Richtung Westen auf einem betonierten Steg. Hier sind die Reste einer früheren Fabrik zur Zuckerrohrverarbeitung zu sehen, was einst den Wohlstand des Orts mitbegründete. Es geht über danach über einen alten, rekonstruierten Aquädukt, dann weiter auf einem fein gepflasterten Fußweg. So etwas lieben sie in Machico, vor allem in der Altstadt, wo die Steine wie schon zu Großväters Zeiten auf traditionelle Art verlegt werden. Die Füße freuen sich nicht unbedingt darüber. Inzwischen haben wir eine 180-Grad-Kehrtwende vollzogen und laufen in Richtung Strand, vorbei an riesigen Bananenstauden. Rechts ragt die Kirche mit dem klangvollen Namen Nossa Senhora da Conceicao empor. Dann spüren wir ihn schon in der Nase: den Geruch des Meeres, das wir jetzt im Blick haben. Ganz anders als der Maschsee! Wir streben der nördlichen Seite der Bucht entgegen und nähern uns dem Kai, vor dem eine kleine Armada von Sportbooten vor Anker liegt. Einst thronte hier eine von drei Festungen, die der Abwehr von Piraten dienten – übrig geblieben ist an dieser Stelle eine triste Bauruine, aus der vor ein paar Jahren mal ein Hotel werden sollte. Kein schöner Anblick; nur schnell weiter Richtung Strand, der einen halben Kilometer später beginnt und für Madeira eine Rarität bedeutet: Er wurde im Jahr 2009 mit eigens dafür aus der Sahara herangeschafftem Sand künstlich angelegt.

 

Nein, zum Faulenzen unterm Sonnenschirm ist jetzt noch keine Zeit. Es folgt der kleine Abstecher zur ältesten Kirche der Stadt, der Kapelle Sao Roque, an der Südseite der Bucht gelegen. Hier machen wir kehrt, laufen an der Strandpromenade zurück und rein nach Banda d'Alem, dem früheren Fischerviertel. Eine Kirche darf auch hier nicht fehlen: die Kapelle der Wunder. Zeit, den in die Jahre gekommenen Dominospielern auf dem Platz davor zuzuschauen, bleibt uns nicht. Noch mal die Brücke hoch und rüber über den Fluß, dann sind wir nach einem Linksschwenk hinterm Rathaus schon in Zielnähe. Was für einen herrlichen Anblick diese Allee mit den alten Platanen doch bietet. Im Hintergrund ragt das gelb gestrichene Fort do Amparo empor, dessen Kanonen im 18. Jahrhundert auf Piratenschiffe ausgerichtet waren. Unsere Beute holen wir uns gegenüber ab: in der Eisdiele mit der leckersten Schleckerei von ganz Machico. Eine Kugel für 1,90 Euro, aber auch fast dreimal so groß wie in Hannover: Diesen Pokal haben wir uns nach diesem Lauf verdient.

 

Text und Fotos: Norbert Fettback

Die etwas andere Laufstrecke (11) Sand mit Pudding

 

Nun ist es ja nicht so, dass man nach Wangerooge nur deshalb fährt, um in der Nordsee zu baden, im Watt zu wandern oder leckeren Fisch zu essen. Die östlichste der Ostfriesischen Inseln ist auch für andere Sachen gut: etwa um in aller Seelenruhe zu laufen oder gar um zu heiraten. Wer beides zusammen möchte, bitte schön: Man muss außer den Eheringen eben auch Sportschuhe mit auf die Hochzeitsreise nehmen. Das haben zwei langjährige Gruppenleiter von pingpank.de in die Tat umgesetzt. Nachdem sich Gesa Engelbracht und Carsten Eickhoff im Alten Leuchtturm das Jawort gegeben hatten, ging es – mit dem nötigen zeitlichen Abstand nach der Feier mit Familie und Freunden – auf die erste gemeinsame Runde als Frischvermählte.

 

Gesagt, getan im feinen Sand am Badestrand: Sie im schicken Brautkleid (zumindest für den ersten Teil des Laufs), er in schnittigen Sportklamotten: Wangerooge hatte Anfang September eine filmreife Attraktion. So eine Kombination aus Tüll und Turnschuhen gibt es nicht alle Tage zu sehen. Das Traumpaar Eickhoff/Eickhoff startete flott durch auf den ersten Metern des gemeinsamen Lebenswegs. Seit Jahren sind beide regelmäßig zu Gast auf Wangerooge – klar, dass sie hier auch längst „ihre“ Laufstrecke gefunden haben. Für alle, die es ihnen nachtun wollen, eine Empfehlung:

 

Start ist am Cafe Pudding, ein Wahrzeichen des Ortes in unmittelbarer Strandnähe mit wechselhafter Geschichte. Dann laufen wir die Zedeliusstraße hinunter bis zum Bahnhof – aufpassen, es geht meist leicht bergab, und je nach Tageszeit und Witterung müssen Passanten umkurvt und süße Versuchungen wie Eisdielen und Bäckereien ignoriert werden. Links reckt sich der Alte Leuchtturm gen Himmel – da war doch was vor Kurzem?! Wenig später biegen wir rechts ab in Richtung Westen ab, den tollen Ausblick auf die Salinenbucht und die Schiffsanlegestelle gibt es gratis. Wir passieren eine für die Insel typische Dünenlandschaft, schlagen dann einen Bogen und laufen zurück nach Wangerooge. Über die Friedrich-August-Straße, die Charlottenstraße und die Siedlerstraße verlassen wir das Dorf in östlicher Richtung. Kleine Ortsführung gefällig? Rechter Hand der Flughafen mit vielen kleinen Jets, wo alle paar Minuten Urlauber landen oder starten, dann der schnieke Golfplatz, danach immer mehr Natur.Wir sind ja schließlich im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.

 

Rund zwei Kilometer sind es bis zum Cafe Neudeich, wo wir uns an der folgenden Weggabelung links halten. Nur noch ein paar Schritte, dann sehen wir auch schon die offene See. Ein imposanter Anblick, auch bei Ebbe! Wem das Laufen am Strand nicht liegt, den erwartet nun eine harte Prüfung. Die Schuhe versinken mitunter tief im feinen Sand, das kostet viele Körner. Immerhin ein guter Trainingseffekt! Dazu der Wind, der uns ins Gesicht bläst; in der Ferne eine kleine Armada von Schiffen – so stellt man sich die Küste vor.

 

Irgendwann ist es geschafft, die Priele liegen hinter uns, und die ersten Strandkörbe sind zu sehen. Wir sind zurück in Wangerooge. Zum Schluss der rund zehn Kilometer langen Strecke laufen wir die Obere Strandpromenade entlang zum zentralen Punkt, dem Cafe Pudding. Dorthin, wo alles begann. Wer will, kann hier zum Auslaufen noch die eine oder andere Runde dranhängen – immer nur rum um den Pudding. Keiner guckt auf die Uhr und nach der Zeit: Laufen kann doch so entspannt sein! Auf Wangerooge sowieso – nicht wahr, Familie Eickhoff?

 

(Bericht von Norbert Fettback)

Bilder: Fettback/Merz
Bilder: Fettback/Merz

Die etwas andere Laufstrecke (10): Der Spreewald-Vierer

 

Nach einem halben Jahr Pause also erst mal die Mühen der Ebene. Es heißt, wieder klein anzufangen nach dem Bandscheibenvorfall, der wie Gift war für jedes läuferische Vergnügen. Die Kleinstadt Lübbenau, Etappenort auf der einwöchigen Radtour durch den Spreewald und in der Nähe von Cottbus gelegen, scheint ein gutes Terrain zu sein, um allmählich wieder Fuß zu fassen im liebgewonnenen Sport. Wir starten unweit des Großen Hafens und kehren den Touristen, die hier in Scharen einfallen, den Rücken. Vier Kilometer liegen vor uns, normalerweise ein Klacks. Doch es soll ja in kleinen Schritten vorangehen. Nur nicht den nächsten Rückschlag riskieren und beim Neustart wieder zu viel wollen! Wir sind schließlich Kummer gewohnt.

 

Was links und rechts zu sehen ist, lässt keine Langeweile aufkommen. Schon nach wenigen Metern kommt das Anfang des 19. Jahrhunderts im klassizistischen Stil erbaute Schloss in Sicht, das jetzt ein Hotel beherbergt. Wenn wir besser fit wären, könnten wir hier gleich eine Runde durch den wunderschönen Park anhängen. Ein anderes Mal vielleicht. Der Weg führt weiter entlang am Wasser, dort wo die Kähne mit den Besuchern ablegen oder uns Paddler entgegenkommen. Wer ist wohl schneller unterwegs? Und dann sind wir auch schon raus aus der heimlichen Hauptstadt des Spreewalds und genießen die Einsamkeit inmitten der Natur, die auf Wiesen und in den Wäldern ihr üppiges Grün präsentiert.

 

Doch noch ist das alles Spreewald light. Erst nachdem wir den kleinen Ort Lehde passiert haben, wo das Gurkenmuseum auf eine Spezialität dieser ostdeutschen Region hinweist und wo der Hechtgraben fließt, wird es allmählich urwüchsiger. Nun noch ohne zu stolpern rüber über eine dieser hölzernen Brücken, die genug Raum bieten, damit die Kähne voller Touristen in Venedig-Manier passieren können, dann haben wir die Schotter- und Sandstrecke wieder für uns. Sie verläuft auf einem Abschnitt schnurgerade. Die Birken links und rechts vermitteln ein unerwartetes Allee-Gefühl inmitten des Naturwaldes. Da schaut man gern zweimal hin. Glück haben wir auch in einer anderen Hinsicht: Die Mücken, für die der Spreewald auch bekannt ist, lassen uns in Ruhe. Dabei fließt der Schweiß in Strömen.

 

Etwas aber erwartet noch, als wir uns Lübbenau von Osten nähern. Am Hafen sind diverse Verkaufsbuden aufgebaut – es gibt Gurkendelikatessen in allen Variationen. Vorsorglich haben wir Geld eingesteckt und lassen uns nach den vier Kilometern schmecken, wofür der Spreewald berühmt ist. Haben wir uns das nach dieser Runde nicht auch irgendwie verdient? (Bericht: Norbert Fettback. Fotos:Fettback/Merz)

Die etwas andere Laufstrecke (9) - Der Arizona Trail

 

Der Arizona Trail ist ein landschaftlich wunderschöner Wanderweg, der 1.300 Kilometer lang ist und von Mexiko bis zum Bundesstaat Utah führt. Seinen höchsten Punkt erreicht der Arizona Trail bei den San Francisco Peaks, nördlich von Flagstaff. Unsere tägliche Hausstrecke von 10,5 Kilometer kreuzt den Arizona Trail. Jeden Tag gab es neue und interessante, zum Teil auch spektakuläre Geschichten, von denen unsere mitgereisten Läuferinnen und Läufer berichteten.

 

Zwei Bären am ersten Tag - Da schickt man den Sprinter unter uns auf eine verkürzte Runde entlang des Arizona Trails und was passiert. Er verläuft sich! Ob es an den ungenügenden Englischkenntnissen gelegen hat oder an unserer schlechten Wegbeschreibung „da wo es bergauf geht, musst du rechts laufen“ (die ganze Strecke geht bergab und bergauf), wir werden es nie erfahren. Genauso werden wir nie erfahren, wo Thomas denn nun die zwei Bären gesichtet hat. Er bevorzugte es, nicht mit den Bären zu kommunizieren, sondern seine schnellzuckenden Muskeln in Richtung Pinnacle Pines (da wo wir wohnen), zu bewegen. Unser Held des Tages blieb er dennoch - er hatte seinen längsten Lauf (14km) gemacht und mehr Kilometer als die Langstreckler zurückgelegt!

 

Humphreys Peak – oder wie gestalte ich die ersten Tage der Adaption. Humphreys Peak ist der höchste Gipfel im US-Bundesstaat Arizona und liegt nördlich von Flagstaff. Der Gipfel kann auf einem etwa 8 km langen Wanderweg erreicht werden. Silke und ich bevorzugten Humphreys Peak entlang des Arizona Trails aus der Ferne zu betrachten. Wenn man jedoch mit jungen Sportlern unterwegs ist, dann sind 8 km Wanderweg von 2.900 Meter (höchste Punkt des Arizona Trails) bis 3.851 Meter doch ein Klacks. So machten sich Simon, Felix und Yannick auf die Strecke. Warum es am Ende nur 4km hoch und 3,5km zurück waren, lag wohl doch an der schlecht ausgeschilderten Strecke (oder war es der viele Schnee?)

 

Die richtige 10,5 Kilometer Strecke – wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat, diverse Schilder und Wegweisungen deuten kann und nicht mehr ganz so risikobereit ist, dann ist der Arizona Trail ein wunderschöner, landschaftlich reizvoller und anstrengender Lauf. Unterwegs trifft man diverse Topläufer aus allen Nationen, man kann sich Humphreys Peak aus der Ferne anschauen und muss zum Ende, nur eine 8% Steigung absolvieren; die selbstverständlich nur so anstrengend ist, weil man sich auf 2.150 Meter über n.N. befindet.

Die etwas andere Laufstrecke (8) - Trainingslager in Florida bei 28 Grad Schattentemperatur.

 

Das etwas andere Weihnachtsfest, so lautete der ursprüngliche Gedanke, um der dunklen und nassen Jahreszeit in Deutschland zu entfliehen. Erwartet hatten wir angenehme 10 Grad mehr als in der Heimat, aber kurz nach der Landung in Miami wurde es allen Beteiligten schnell klar - Miami is missing out on the winter! Hier macht der Winter Pause. Morgens um 7 Uhr sind es gute 20 Grad und Mittags 28 Grad - Schattentemperatur wohlgemerkt!

 

Miami Beach wurde am zweiten Tag unseres Aufenthalts seinen Ruf gerecht - Aufbruch des Autos am helllichten Tage, mitten auf einem voll besetzten Parkplatz einer Shopping Mall. Glück im Unglück, fünf der sechs gestohlenen Rucksäcke und zwei Koffer wurden von der Polizei zwei Stunden später in 5 Meilen Entfernung gefunden, inklusive Inhalt aber ohne neuwertige Sachen.

 

Rotonda, eine idyllische junge Stadt, mit Lage am Golf von Mexico und etwas nordwestlich von den bekannteren Orten Fort Myers und Cape Coral. Hier gibt es jede Menge wunderschöne Villas, die direkt an den wunderschön angelegten Golfplätzen angrenzen.

 

Am ersten Weihnachtstag entdeckten wir eine ganz besondere Laufstrecke. Der Start im Ann Dever Memorial Park führt entlang eines mit Pinien gefüllten Waldstück über den Oyster Creek. Begrüßt wurden wir von einem etwas schüchternen Alligator, der sich nach dem ersten Foto ins Wasser zurückzog. Die Bitte der Verantwortlichen des Parks konnten wir nun nachvollziehen. Bitte nicht im Tümpel schwimmen gehen. Dass die Amis eine andere Fortbewegungsmethode zu der unseren bevorzugen, sah man dann am Ende unseres Dauerlaufes.

 

Merry Christmas!

Die etwas andere Laufstrecke (7): Havanna im Doppelpack

 

Seit diesem Abenteuer in der Karibik steht das für Carsten Fleisch fest: „Meinen nächsten Marathon werde ich irgendwo laufen, wo es nicht so warm ist“, sagt er. Vor Kurzem ist der 46-Jährige von einem zweieinhalbwöchigen, selbst organisierten Aufenthalt auf Kuba zurückgekehrt. Auf der Insel hat er bei dieser Rundreise nicht nur Land und Leute kennengelernt, sondern auch eine besondere Lauferfahrung gemacht: den Marathon in Havanna. Der 30. in der kubanischen Hauptstadt und der 23. von Carsten Fleisch – einer, den er so schnell nicht vergessen wird. Weil alles anders war als sonst, wenn er zu einem solchen Rennen angetreten ist.

 

Angefangen bei der Startzeit. Um 7 Uhr ging es los am Kapitol, einem dem Vorbild in Washington nachempfundenen Prachtbau in Havannas Altstadt. Vor anderen Läufen sitzt man zu dieser Zeit noch beim Frühstück. „In Havanna waren es da schon 20 Grad Celsius“, berichtet Fleisch. Im Laufe des Vormittags kletterte das Thermometer noch auf 28 Grad. „Hinzu kam eine extreme Luftfeuchtigkeit, die ich so noch nie erlebt hatte und was für mich wirklich ein Problem war“, sagt er.

 

Man kann sich bessere Bedingungen für einen Marathonlauf vorstellen. Gerade im Fall von Carsten Fleisch: Es ist dreieinhalb Jahre her, dass er einen lebensbedrohlichen Herzinfarkt erlitten hatte, ohne dass sein Körper eine Vorwarnung sendete. Er hatte großes Glück, dass Ärzte schnell zur Stelle waren und ihm helfen konnten. Ans Laufen hat er sich danach wieder Schritt für Schritt herangetastet – mit der gebotenen Vorsicht und bei regelmäßiger ärztlicher Kontrolle. Bestzeiten – wie die im Marathon von 3:13 Stunden aus dem Jahr 2012 – zählen für ihn nicht mehr. Das Sporttreiben wird in einem solchen Fall neu tariert.

 

Als Carsten Fleisch in Havanna im Ziel war, zeigte seine Uhr 4:34 Stunden an, der langsamste Marathon seines Lebens. Zum Vergleich: Im September hatte er in Karlsruhe die gleiche Strecke in 3:46 Stunden zurückgelegt. Zufrieden war er dennoch. „Ich wollte gesund ankommen und habe mich auch meiner Gehpausen, die ich zuvor noch nie eingelegt hatte, nicht geschämt“, sagt er. „Als die Ärzte mich im Ziel in Nähe des Kapitols gefragt haben, ob alles in Ordnung sei, konnte ich zustimmend nicken.“ Das war an dem Tag das, was für ihn zählte.

 

Er hatte auf dem zweimal zu absolvierenden Rundkurs mit insgesamt etwa 400 Höhenmetern, der über die weltbekannte Uferpromenade Malecon und dann vorbei am berühmten Hotel Nacional, am Platz der Revolution und durch die prachtvolle Altstadt von Havanna führte, eine Stadterkundung der speziellen Art erlebt. Auch aus Sicht eines erfahrenen Marathonläufer: „Wasserstationen alle zwei, drei Kilometer – das habe ich vorher nirgendwo gesehen.“ Carsten Fleisch legte jedes Mal einen Stopp ein und griff zu den Plastikbeuteln mit dem kühlenden Nass, die mit Hilfe der Zähne geöffnet werden mussten.

 

Nicht weniger ungewöhnlich: Zusammen für die etwa 500 Marathonläufer fiel der Startschuss für die Wettbewerbe über zehn Kilometer und den Halbmarathon. Ein ziemliches Durcheinander habe da geherrscht, sagt der Hannoveraner. „Aber das war mir an diesem Tag am Ende egal.“ Viele der Einheimischen im Feld hätte die gut ausstaffierten Ausländer mit großen Augen angeguckt: Nicht wenige Kubaner hätte längst ausgediente Laufschuhe getragen, manche sogar Straßenschuhe. Kuba habe sich zwar der Welt geöffnet, wovon auch der Start vieler Amerikaner zeugte, wie Fleisch berichtet, doch in solchen Dingen sei die Insel noch ein rückständiges Entwicklungsland. Auf der zweiten Runde hatte Fleisch viel Zeit, sich über solche Dinge Gedanken zu machen. Die Marathonis – ins Ziel kamen 421 Teilnehmer, der Sieger benötigte 2:34 Stunden – liefen nun ein einsames Rennen. Ohne nennenswerte Unterstützung vom Straßenrand. „Zuschauer gab es nur im Start- und Zielbereich am Kapitol“, sagt der 46-Jährige. Weil die Strecke nach Passieren der Halbmarathonmarke zeitweilig wieder für den Autoverkehr frei gegeben wurde, war die Luft von Benzinschwaden durchzogen. „In Havanna sind vor allem alte Kisten unterwegs“, sagt Fleisch. „Das riecht man, man musste aber keine Angst haben, unter die Räder zu kommen.“

 

In ähnlich alten Kisten war Fleisch nach dem Marathon unterwegs: in Überlandbussen auf nicht minder abenteuerlichen Touren zu anderen Sehenswürdigkeiten der Insel. Da aber konnten die Laufschuhe im Koffer bleiben. (Bericht von Norbert Fettback)

Die etwas andere Laufstrecke (6): Der Desert Run in Eilat im Süden Israels

 

Eilat eine Stadt mit knapp 50.000 Einwohnern liegt an der Südspitze Israels im Süden der Wüste Negev. Die Stadt ist der einzige Zugang Israels zum Roten Meer und damit zum Indischen Ozean. Seit ein paar Jahren findet im November der Desert Half Marathon statt. Mit dabei, drei Läuferinnen und Läufer + ein Fotograf von Pingpank.de.

 

Anbei eine kurze Beschreibung der Bedingungen während des Laufes. Knapp 1.000 Meter nach dem Start beginnt die Negev-Wüste. Eine unglaubliche Stille umgibt die fast 1.000 gestarteten Läuferinnen und Läufer sowie eine faszinierende Sicht auf braune und schwarze Felsformationen. Während des Laufes herrschten Temperaturen zwischen 20 Grad am Start und 27 Grad im Ziel. Dazu, begleitet ein strammer Gegenwind, grauer Sand und vereinzelt karge Büsche die Sportler einen Großteil des Weges. Darüber hinaus erfährt man, wie sich ein Höhenunterschied von über 200 Metern auf größtenteils lockeren Sand oder Steinen anfühlt. Der Lindener Berg ist im Vergleich pure Erholung!

 

Trotz des Schwierigkeitsgrades war es die beeindruckende Kulisse, die unsere Pingpank.de Läuferinnen und Läufer Kirsten Kleiner, Heike Lütjering und Christof Stöck ein äußerst positives Resümee ziehen ließen.

Die etwas andere Laufstrecke (5): Eine Dorfrunde in Tejeda

 

War es wirklich eine gute Idee, ein Paar Laufschuhe mitzunehmen nach Gran Canaria? Wir kommen ins Zweifeln, als wir uns auf der Fahrt mit dem Mietwagen Tejeda nähern: Zwischendurch geht es hoch auf 1500 Meter, dann die Berge wieder steil abwärts. Schließlich zeigt die GPS-Uhr 1050 Meter über NN an. Eine schöne Gegend zum Wandern – aber doch nicht zum Laufen?!

 

Kann man so sehen, muss es aber nicht. Etwa dann, wenn man zumindest halbwegs fit ist und sich vor dem Auf und Ab im Gebirge nicht scheut. Will man sich nicht einmal im Leben so fühlen wie jene Männer, die uns in Tejeda schnellen Schrittes entgegenkommen: drahtige Ultra-Typen, nichts auf den Rippen, aber einen Trinkrucksack auf dem Rücken – und anscheinend nimmermüde, wenn es die Straße aufwärts geht. Wir kommen bei 24 Grad Celsius schon beim Zugucken ins Schwitzen.

 

Doch das soll es nicht gewesen sein. Wenigstens einmal! Es bedarf ein wenig innere Überzeugungskraft, dann haben wir uns aufgerafft zur kleinen Runde durch Tejeda, unseren Urlaubsort. Anfangs ist das ein Kinderspiel. Das Hotel liegt an einer Art Promenade. Höhenmeter? Wie am Maschsee. Also los, die weiß getünchte Pfarrkirche Nuestra Señora del Socorro vor Augen – ein Kinderspiel, zumindest für die ersten 300 Meter. Dann aber erwischt es uns. Es geht die Straße Heraclio Sanchez jäh abwärts ins Unterdorf, wohin sich nicht allzu viele Touristen verirren. Gelegenheitsläufer wie wir sowieso nicht. Warum, das wissen wir wenig später auch. Denn irgendwann müssen wir die Straße ja wieder hinauf. 90 Höhenmeter liegen zwischen dem tiefsten Punkt des Ortes und der alles überragenden Kirche, das wissen wir später, und das auf einem Abschnitt von vielleicht 500 zu laufenden Metern. Da darf, nein da muss eine Gehpause sein!

 

Zeit, um nach links und rechts zu blicken. Was sich wirklich lohnt: So also sahen kanarische Dörfer früher aus, als die Touristen aus dem fernen Europa die Inselwelt noch nicht entdeckt hatten. Die Zeit scheint stehen geblieben zu sein. Ein Mann mit einem mit Grünfutter beladenen Esel kommt plötzlich um die Ecke, ein Hund guckt uns erstaunt mit großen treuen Augen an, auf einer Mauer findet sich eine leicht rostige Nähmaschine als Blickfang. Dahinter tut sich der Blick auf zum Roque Nublo und zum Roque Bentayga, den beiden bekannten Felsriesen im Inselinneren von Gran Canaria.

 

Keine Ablenkung mehr – weiter geht’s. Wir haben schließlich noch ein Ziel. Oben auf der Promenade wartet die Dulceria Nublo. Ein für seine Marzipan-Spezialitäten inselweit bekannter Zuckerbäcker. Eine süße Verführung, der man schwer widerstehen kann. Zwei Euro haben wir in weiser Voraussicht eingesteckt, das reicht für einen leckeren Snack – es muss ja nicht immer ein Vollkornriegel oder ein dickflüssiges Gel sein. Der Weg zurück zum Hotel ist danach ein Klacks. Tejeda, wir mögen dich, auch wenn es Läufer hier nicht leicht haben. (Bericht von Norbert Fettback)

Die etwas andere Laufstrecke (4): Die Nordkirchener Meile

 

Von Hannover nach Versailles in zwei Stunden? Das ist mit dem Auto durchaus zu schaffen. Über die A 2, versteht sich. Aber man muss nicht bis nach Frankreich fahren, um eine derart imposante Anlage zu erleben. Im südlichen Münsterland, ebenfalls über die A 2 zu erreichen, gibt es das Schloss Nordkirchen, das aufgrund seiner verschwenderischen Schönheit auch „Westfälisches Versailles“ genannt wird. Es ist nicht nur ein Tipp für diejenigen, die an Baudenkmälern aus früheren Jahrhunderten ihre helle Freude haben. Zum edlen Anwesen, das aus einer mittelalterlichen Wasserburg entstanden ist und heutzutage die Fachhochschule für Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen beherbergt, gehört eine insgesamt 170 Hektar große Parkanlage - es lohnt es sich auf jeden Fall, zur Schlossvisite die Laufsachen mitzunehmen.

 

Wenn man die Zeit hätte und die nötige Fitness: Man könnte in Nordkirchen von morgens bis abends laufen. Über uns breiten uralte Platanen, Rosskastanien, Linden und Buchen ihr Blätterdach aus und spenden Schatten, steinene Abbilder von Venus, Herkules oder Apollo säumen den Wegesrand, immer wieder geben Blickachsen die Sicht frei für überraschende Momente – man bekommt schnell eine Ahnung, warum diese Anlage schon Mitte des 18. Jahrhunderts, also kurz nach ihrer Fertigstellung, in halb Europa bekannt und wegen ihrer Schönheit geschätzt war.

 

Doch wir müssen an diesem Tag auf die Uhr schauen, und auch die Achillessehne zwickt noch ein wenig: Also belassen wir es bei einer übersichtlichen Runde. An einer Parkbank werden die Laufschuhe geschnürt, und los geht es zum Lauf um das Nordkirchener Schloss. Das sind immerhin rund 1600 Meter, wie die GPS-Uhr später anzeigt – nennen wir diese Runde also die Nordkirchener Meile. Sie führt über Asphalt, Pflaster und mitunter auch Schotterpassagen. Meist geht der Blick nicht nach vorn, wie es sonst der Fall ist, sondern zur Seite auf das, was aus der grandiosen Idee von Friedrich Christian von Plettenberg geworden ist. Der Fürstbischof von Münster ließ sich hier vor rund 300 Jahren eine barocke Residenz errichten, die jedem König zur Ehre gereicht hätte. Die Arbeiten dauerten mehr als 30 Jahre und verschlangen so viel Geld, dass sowohl der gewiss nicht arme Fürstbischof als als die späteren adeligen Besitzer der immensen Schulden nie Herr wurden. So ist das halt, wenn man auf zu großem Fuß lebt ...

 

Unsere Füße führen uns herum um das „Gesamtkunstwerk von internationalem Rang“, wie die UNESCO das Schloss Nordkirchen klassifiziert hat. Über die Schwanenallee kommen wir zur Capellerallee an der Südseite; wir laufen weiterhin parallel zu den zwei mächtigen Wassergräben, die das Schloss umgeben. Immer wieder lassen wir uns von den Baukünsten früherer Generationen beeindrucken, denen auch eine wechselvolle Geschichte nicht viel anhaben konnte. Auf der Westseite erwartet uns eine der 23 Alleen, die dem Park eine besondere Note geben. Dann schließlich ist der Blick frei auf den Nordgarten mit der Venusinsel. Landschaftskunst, wie wir sie auch aus den Herrenhäuser Gärten in Hannover kennen. Das hier ist für uns aber Entdeckung pur. (Bericht von Norbert Fettback)

Die etwas andere Laufstrecke (3): Wo der Braunbär steppt

 

Das vorneweg: Nein, ein Braunbär oder ein Elch ist mir an diesem Vormittag nicht vor die Füße gelaufen. Tiere, die man unweigerlich mit Alaska assoziiert. Einen Marathonlauf eher nicht. Womit man schon mal auf der falschen Fährte ist: Denn es gibt ihn seit vielen Jahren in Anchorage und darüber hinaus noch etliche andere Rennen über diese Distanz weit oben im Norden Amerikas - und ich bin dieses Mal dabei gewesen. Genauer gesagt: beim Major's Marathon in Anchorage, zusammen mit weiteren 4500 Läuferinnen und Läufern. Ein Jahr lang hatte ich dieses Ziel im Blick – und es galt, im Vorfeld nicht nur fleißig Kilometer abzuspulen, sondern sich auf diese und jene Überraschung einzustellen.

 

Etwa in Bezug auf das Wetter. Von wegen warm anziehen: Alaska bedeutet nicht, dass man hier fröstelnd durch die Gegend rennt. Als das Flugzeug nach zehn Stunden von Frankfurt aus endlich in Anchorage, der „Stadt des Lichts und der Blumen“, gelandet ist, empfangen uns herrlicher Sonnenschein und Temperaturen von mehr als 20 Grad Celsius. Eigentlich zu viel des Guten für Mitte Juni. Mir soll's recht sein, auch zum Eingewöhnen an den ersten Tagen nach der Ankunft mit zwei jeweils sieben Kilometern langen Abstechern in Laufschuhen zum Lake Hood in Nähe des Flughafen.

 

Wasser, nicht von oben, sondern links und rechts der Strecke, ist auch der Begleiter am Renntag. Denn immer wieder säumen Seen unseren nicht ganz einfachen Weg. Dazu Bäume, wohin das Auge blickt. Es heißt früh aufzustehen am 18. Juni. Bereits um 7.30 Uhr ertönt der Startschuss. Komisch, dass eine Stunde vorher hier kaum Betrieb herrscht, wie man es von woanders kennt, wenn Marathonis in Aktion sind. Kein Läufer in Sicht, kein Stand, immerhin drei Lieferwagen, die die Wechselklamotten zum Ziel am Delaney Park Strip transportieren sollen. Doch ich bin richtig, wie sich wenig später zeigt, als sich der Platz füllt und eine beeindruckende Zeremonie, bei der auch die Nationalhymne der USA zu hören ist, die Läufer auf die kommenden Stunden einstimmt.

 

Anfangs, als es rund fünf Meilen am Glenn Highway entlang geht, kommt mir der Marathon noch wie ein Kinderspiel vor. Was für ein Irrtum: Es geht anschließend stetig bergauf durch Wälder und Parks, und das ist nicht gerade entspannend. Nur gut, dass nach 18 Meilen mein Mann Uli auftaucht. Er hat keine Laufschuhe an, er sitzt stattdessen auf dem Fahrrad, den Fotoapparat um den Hals, und begleitet mich bis ins Ziel. Schön und zugleich beflügend, so eine Unterstützung zu erhalten!

 

Das letzte Drittel des Rennens führt uns durch Anchorage. Jedenfalls steht das so in der Ausschreibung. Viel bekomme ich aber nicht davon mit, dass wir in einer Stadt mit 300 000 Einwohnern unterwegs sind. Viel Grün, Sportplätze, Flüsse und Seen – die Verpackung stimmt. Da haut mich auch die letzte Überraschung nicht wirklich um: Zwei steile Anstiege müssen einen Kilometer vor dem Ziel noch bewältigt werden. Warum nur hat mir das vorher keiner gesagt?! Über die Linie geht es im Laufschritt, aller Erschöpfung zum Trotz, denn danach weigern sich die Beine, auch nur noch einen Meter zurückzulegen. 4:28 Stunden zeigt die Uhr für mich an – ein gutes Gefühl. Erst recht, als ich die Finishermedaille in der Hand halte. Der Abstecher über den Großen Teich hat sich in jeder Hinsicht gelohnt – Alaska ist ein fantatisches Erlebnis. (Bericht von Manuela Rückriem/ Norbert Fettback, Bilder Uli Rückriem)

Foto: Axel Heise
Foto: Axel Heise

Die etwas andere Laufstrecke (2): Besuch bei Miss Sophie

 

Hier ist die Welt noch so, als sei die Zeit stehengeblieben. Eifel eben. Betriebsame Hektik? Von wegen. Die Glocken des Klosters Himmerod rufen Mönche und Besucher der Zisterzienserabtei soeben zum Gebet. Ansonsten herrscht zu dieser Stunde himmlische Ruhe. 300 Meter weiter westlich, auf einer Wiese am Flüsschen Salm, macht Miss Sophie derweil große Augen und stellt das Fressen für einen Moment ein. Miss Sophie, zur Rasse der Schottischen Hochlandrinder gehörend, ist eines von fünf Tieren, die es sich hier bei sattem Grün und glasklarem Wasser gutgehen lassen. Diese Vierbeiner gelten als gutmütig, aber auch als wehrhaft. Von diesem unbekannten Wesen hinterm Zaun lässt sich Miss Sophie nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ein Läufer, lass ihn mal, den Ochsen, der hat wohl nichts Besseres zu tun – das scheint der Blick hinüber Richtung Wald zu verraten. Gut so – die Entdeckungstour kann weitergehen.

 

Die Einladung zu einer Silberhochzeit hat uns für ein Wochenende nach Himmerod verschlagen. Es kommt uns vor wie das Ende der Welt. Gäbe es da nicht die nahe Eifel-Ardennen-Straße, von der gelegentlicher Verkehrslärm herüberschwappt. Oder die Wandergruppen, die an diesem Sonnabend in Scharen unterwegs sind. Uns kommen sie nicht in die Quere. Denn wir sind ja, auch dank der Laufschuhe, schneller unterwegs. Die Eilenriede in Hannover haben wir gegen Hühnerkopf und Salmberg eingetauscht, in weiser Voraussicht gut ausgerüstet mit den nötigen Utensilien. Wir folgen dem Rundweg 7, der vom Starkregen am Vortag so durchgeweicht ist, dass man hier und da Slalom laufen muss, um nicht nasse Füße zu bekommen. Das Ganze gleicht mehr einem Traillauf. Und doch ist es relativ entspannt, als wir uns auf halber Strecke bei erneut einsetzendem Regen unter dem schützenden Dach von Buchen und Kastanien Eisenschmitt nähern. Der Name des kleinen Ortes besagt es: In der Gegend wurde schon vor mehr als 2000 Jahren Erz abgebaut; ein Brunnen mit hammerschwingenden Gestalten erinnert daran.

 

Wir müssen auf den insgesamt rund sieben Kilometern (mit 150 Höhenmetern) keine Angst haben vor dem Mann mit dem Hammer. Der kommt dem Läufer hier garantiert nicht in die Quere, denn die Strecke im oberen Salmtal - obwohl an manchen Stellen schmal und rutschig - ist vergleichsweise erholsam. Wenn da nur nicht immer wieder diese Baumwurzeln wären, vor denen man bei Schritt und Tritt auf der Hut sein muss. Vor allem, als wir Eichelhütte passiert haben. Kopf hoch also, doch es geht in diesem herrlichen Stück Natur ja auch nicht um Rekorde.

 

Das Schönste für zuletzt. Ehe wir das noble Wellnesshotel Molitors Mühle passieren, geht der Blick zu den Teichen voller blühender Seerosen. Und dann, als die kleine Brücke über das Flüsschen überquert ist, heißt es: auf dem Mühlenpfad immer an der Salm lang. Zweimal müssen wir uns noch ganz klein machen, weil umgestürzte Bäume den Weg versperren. Da hilft nur ein Stopp und Drunterdurchkriechen. Es dauert nicht lange, dann haben wir es wieder im Blick: die Abtei Himmerod. Wir tauschen die Ruhe der Natur gegen die Stille des jahrhundertealtes Gemäuers. Den Kaffee und das Stück Rhabarberkuchen im Klostercafe haben wir uns verdient.(Bericht von Norbert Fettback, Bilder Axel Heise)

Die etwas andere Laufstrecke - Begegnung mit dem Waal

Ob sie es in Südtirol wirklich ganz genau nehmen mit dem Vermessen von Wegstrecken? Stimmen nun zweieinhalb Kilometer, wie es die GPS-Uhr anzeigt, oder die gut drei laut Wanderführer? Und überhaupt: Finde erst mal eine Strecke, auf der einem geborenen Flachländer beim ungewohnt heftigen Auf und Ab nicht die Waden zu platzen drohen. Wer im Urlaub hier her gekommen ist, um nicht nur die Berge hinaufzusteigen oder Rad zu fahren, sondern auch um zu laufen, der hat ein kleines Problem. Wir haben in der Nähe von Meran eine Alternative gefunden: die Waalwege. Und im Ort Lana erst mal klein angefangen beim Laufen in der wunderschönen Natur – fast ohne Höhenmeter, obwohl die Alpen allgegenwärtig sind.

 

Der Brandiser Waalweg, offiziell 3,5 Kilometer lang, präsentiert sich so flach, als würde man eine Runde im hannoverschen Hermann-Löns-Park drehen. Der feine Unterschied: Vom Waalweg aus blickt man weit hinab ins Tal mit zig Tausenden von Apfelbäumen, da tun sich Läufern ganz andere Perspektiven auf. Was ist es für ein Gefühl, so weit oben unterwegs zu sein, dass man meint, nach der Turmspitze des nahen Klosters Lanegg greifen zu können! Da haben wir schon die Hälfte des Hinweges hinter uns. Gestartet sind wir in Niederlana an einem Ausflugslokal mit dem bezeichnenden Namen Waalrast. Wozu man auch wissen sollte, um was es sich bei einem Waal eigentlich handelt. Das sind traditionelle Bewässerungskanäle, zum Teil in den Fels gehauen, mit denen das Wasser aus höher gelegenen Tälern der landwirtschaftlichen Nutzung zufließt. Um sie warten zu können, wurden einst kleine Wege angelegt – die heutigen Waalwege. Ähnliches kennt man aus dem Wallis unter den Namen Bissen oder von den Azoren, wo die Kanäle Levadas heißen. In Lana verläuft der 1835 gebaute Waal inzwischen unterirdisch; den Laufspaß mindert das nicht. Im Gegenteil: Der Weg ist dadurch um einiges breiter; anders als es auf dem viel besuchten Marlinger Waalweg (Länge: zwölf Kilometer) der Fall ist, wo selbst Wanderer häufig stehen bleiben müssen, um andere Urlauber passieren zu lassen.

 

Unser Lauf führt auf Schotter und Sand unter alten Kastanien und unter einem aus Weinreben gebildeten Blätterdach hindurch. Viel idyllischer könnte es nicht sein. Schade, dass noch nicht Sommer ist und die Trauben reif sind! Die Früchte der Region kann man, ob Läufer oder Wanderer, hier aber auch schon früher kosten. An einer Stelle des Waalweges ist ein kleiner Stand aufgebaut, an dem es Apfelsaft gibt. Je nach Bechergröße für 50 Cent oder einen Euro, Ehrlichkeit bei der Selbstbedienung vorausgesetzt. Wir laufen weiter, bei der Streckenlänge kann auf diesen erfrischenden Stopp verzichtet werden. Anders wäre das, wenn wir uns die gesamte Meraner Waalrunde vornehmen würden. Da kämen 84 Kilometer mit 2880 Höhenmetern zusammen. Aber so heftig muss es im Urlaub nun wirklich nicht sein. (Bericht von Norbert Fettback)